Internationaler Tag der Pflegenden am 12. Mai 2021:
Verbände fordern bessere Ausbildung und Honorierung von Pflegekräften für Menschen mit Diabetes

 

Aufgrund der guten medizinischen Versorgung in Deutschland erreichen inzwischen viele Menschen mit Diabetes mellitus ein hohes Alter: Von den etwa 340.000 Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes sind mehr als 100.000 Betroffene über 70 Jahre alt. Unter den etwa acht Millionen Betroffenen mit Typ-2-Diabetes gehört ein Viertel der Altersgruppe der über 75-Jährigen an und etwa eine Million ist über 80 Jahre alt. Bundesweit gibt es insgesamt etwa 630.000 pflegebedürftige Personen mit Diabetes mellitus. Gleichzeitig fehlen aktuell eine Viertelmillion Vollzeitpflegekräfte. Zudem kommt in der Pflegeausbildung die Stoffwechselerkrankung Diabetes zu kurz. Immer mehr Diabetes-Fachabteilungen beziehungsweise -kliniken in Krankenhäusern werden zunehmend in die Bereiche Innere Medizin integriert.

 

Darauf weisen die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), die gemeinnützige Gesundheitsorganisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M), Landesverband Nordrhein-Westfalen e. V. anlässlich des Internationalen Tags der Pflegenden am 12. Mai 2021 hin.

 

Die Verbände fordern neben einer strukturierten diabetologischen Grundausbildung sämtlicher Pflegekräfte und einer besseren Honorierung ihres Berufs auch Schulungsangebote für pflegende Angehörige sowie spezifische Beurteilungs- und gezielte Schulungsmöglichkeiten für ältere Menschen mit Diabetes mellitus.

 

Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) waren im Dezember 2019 in Deutschland 4,13 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Im Dezember 2017 lag die Zahl noch bei 3,41 Millionen. Mit der allgemeinen Zunahme pflegebedürftiger Menschen steigt auch der Anteil Betroffener mit der Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus: Von den bundesweit etwa 630.000 pflegebedürftigen Menschen mit Diabetes werden 420.000 durch Angehörige gepflegt, 230.000 werden von ambulanten Pflegediensten versorgt und 210.000 leben in Seniorenheimen.

 

Fehlende Fachkenntnis und strukturelle Probleme 

Menschen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 machen bei Aufenthalten in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, aber auch bei ambulanten Pflegediensten häufig die Erfahrung, dass Pflegekräfte sich nicht mit der Erkrankung auskennen. Norbert Kuster, Vorsitzender des Landesverbandes NRW der DDH-M, berichtet: „Pflegenden fehlt oft differenziertes Fachwissen, zum Beispiel wird Typ-1-Diabetes mit Typ-2-Diabetes gleichgesetzt, sie kennen sich nicht mit der Nahrungs- und Insulinberechnung aus oder wissen nicht, was bei Unter- oder Überzuckerungen zu tun ist.“ Im Arbeitsalltag Pflegender erschweren außerdem Zeitmangel, organisatorische und strukturelle Probleme in der Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Personal sowie anderen Schnittstellen die kompetente Versorgung von Menschen mit Diabetes, weiß auch diabetesDE-Vorstandsvorsitzender Dr. med. Jens Kröger: „Außerdem dürfen Pflegekräfte keine eigenständige Therapieanpassung wie etwa von Insulingaben vornehmen“, sagt der Diabetologe.

 

„In Krankenpflegeschulen werden im Rahmen der dreijährigen Ausbildung nur zehn Stunden zu Diabetes mellitus unterrichtet“, erläutert Privatdozentin Dr. med. Anke Bahrmann, erste Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft „Geriatrie und Pflege“ der DDG. Die Fachgesellschaft bietet seit 2015 ein Basis-Fortbildungsprogramm für Pflegekräfte sowie eine Weiterbildung zur Diabetes-Pflegefachkraft an. „Bislang wurden jedoch nur 224 Diabetes-Pflegefachkräfte für den Klinikbereich und 64 Pflegende für die Langzeitpflege fortgebildet“, bedauert Bahrmann. „Damit mehr Menschen sich für eine Pflegeausbildung und für eine entsprechende Weiterqualifizierung entscheiden, müssen unter anderem auch finanzielle Anreize für sie geschaffen werden“, betont die Funktionsoberärztin der Klinik für Geriatrie sowie der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Denn derzeit fehlen 250.000 Vollzeitkräfte in der Pflege.

 

Forderungen zur Verbesserung der Pflegeversorgung 

Die drei Verbände fordern daher eine strukturierte diabetologische Grundausbildung Pflegender sämtlicher Fachrichtungen und eine höhere Honorierung ihres Berufs. Darüber hinaus müssten auch Möglichkeiten zur Schulung pflegender Angehöriger geschaffen werden, sind sich die Organisationen einig. Denn auch viele pflegebedürftige Menschen mit Diabetes würden primär von Angehörigen versorgt. Zudem könnte eine spezifische Beurteilung, zum Beispiel analog eines geriatrischen Assessments der Leitlinie „Diabetes im Alter“ beziehungsweise eine gezielte Schulung unter Berücksichtigung der altersspezifischen Besonderheiten die Selbsttherapie älterer Menschen mit Diabetes mellitus verbessern und ihre Kompetenzen stärken.

 

Der Internationale Tag der Pflegenden wird jährlich am 12. Mai begangen. Der Tag erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenpflegerin und Pionierin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale.

 

(Presseinformation DDG, DDH-M LV NRW e.V., diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe)

 

Quellen:

- Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/12/PD20_507_224.html

- Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2021, S. 144 ff.
https://www.diabetesde.org/gesundheitsberichte