Der Aktionstag wird weltweit vom Global Liver Institute (GLI) ausgerichtet. NASH steht für „nicht-alkoholische Steatohepatitis“, also eine Fettleberentzündung, die nicht durch Alkohol verursacht ist.
Nach Schätzungen des Global Liver Institute haben 115 Millionen Menschen weltweit eine Fettlebererkrankung. Bis 2030 könnten sogar bis zu 357 Millionen Menschen betroffen sein. In Deutschland haben schätzungsweise 23% der Bundesbürger eine Fettlebererkrankung und 4% sogar eine NASH. (1) Eine aktuelle Veröffentlichung aus dem März 2023 schätzt, dass 18 Millionen Menschen in Deutschland von einer Fettleber betroffen sind. (2) Durch eine jahrelange, chronische NASH kann die Leber vernarben, bis eine Leberzirrhose entsteht. Zudem ist bei NASH das Risiko für Leberzellkrebs erhöht.
Fettlebererkrankungen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt. Sie reichen von einer einfachen Leberverfettung über chronische Entzündungen bis hin zu fortgeschrittenen Leberschäden wie Zirrhose und Leberkrebs. Gefährlich wird es insbesondere dann, wenn sich die verfetteten Leberzellen zusätzlich entzünden: Dann liegt eine NASH vor, also eine Nicht-alkoholische Steatohepatitis, welche auch der Namensgeber dieses Aktionstages ist.
Fettlebererkrankungen finden sich besonders oft bei Menschen mit einem metabolischen Syndrom: Hier liegen mehrere Risikofaktoren gleichzeitig vor, nämlich Insulinresistenz bis hin zum Diabetes mellitus, Adipositas, Bluthochdruck und schlechte Blutfettwerte. Im Gegensatz zu alkoholbedingten Erkrankungen werden diese Erkrankungen als „nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen“ bezeichnet (NAFLD). Das metabolische Syndrom ist inzwischen wahrscheinlich häufiger die Ursache für eine Fettlebererkrankung als der Alkohol.
Fettleber und NASH: nicht nur ein Leberproblem
Entzündungsprozesse bei NASH bleiben oft nicht auf die Leber beschränkt: Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten bei NASH noch häufiger auf als bei einfacher Fettleber. Herzversagen ist bei NASH überraschenderweise die häufigste Todesursache – noch vor dem Leberversagen. Zudem kann eine Fettlebererkrankung auch Insulinresistenz, Diabetes mellitus und Adipositas begünstigen – also genau die Faktoren, welche wiederum die Leberverfettung verursachen und verschlimmern. Möglicherweise ist auch das Risiko für Krebserkrankungen wie z.B. der Bauchspeicheldrüse, Niere oder Harnblase erhöht. (3) Früher wurden Betroffene oft mit dem Satz beruhigt, dass eine Fettleber meist nicht so schlimm sei: „Vielleicht sterben Sie an etwas ganz Anderem.“ Dieser gutgemeinte Spruch hat heute einen makabren Beigeschmack bekommen, denn mit einer Fettlebererkrankung kann man unter Umständen Jahre früher „an etwas Anderem sterben“.
Was tun gegen Fettleber und NASH?
Lebensstiländerungen bleiben das A und O der Fettleber-Behandlung: Denn wenn die Ursachen einer Fettleber beseitigt werden, kann sich sowohl eine Leberverfettung als auch eine Fettleberentzündung zurückbilden. Gesunde Ernährung wie z.B. eine mediterrane Diät, ausreichend Bewegung, ein gut eingestellter Diabetes und Reduktion eines eventuellen Übergewichts können zu beitragen, eine Fettlebererkrankung zurückzubilden. Alkoholkonsum sollte ebenfalls reduziert werden; selbst wenn dieser bei NAFLD nicht die Hauptursache ist, kann Alkohol insbesondere bezüglich Leber und Bauchspeicheldrüse wie ein Brandbeschleuniger wirken.
Bislang gibt es noch keine medikamentöse Therapie der Fettleber, und eine Rundum-Glücklich-Pille für Fettleber ist derzeit nicht in Sicht. In Studien wird aktiv an zahlreichen Substanzen geforscht, der Fokus liegt dabei jedoch auf schwer Leberkranken, die sowohl starke Entzündungen als auch Vernarbungen ihrer Leber aufweisen. Sollte es zu Neuzulassungen kommen, werden dies zunächst verschreibungspflichtige und teure Medikamente für besonders schwer Erkrankte sein. Da die meisten Menschen mit Fettleber auch Begleiterkrankungen haben, ist eine alleinige Behandlung der Fettleber jedoch keine ausreichende Lösung.
Wechselspiel zwischen Fettleber, Diabetes mellitus und Adipositas
Fettlebererkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas und Herzerkrankungen gehen oft Hand in Hand. Diabetes und Adipositas begünstigen Fettansammlungen auch in der Leber. Umgekehrt schütten verfettete Leberzellen vermehrt Glukose aus und verschlechtern die Insulinresistenz, was das Risiko von Diabetes mellitus und Adipositas erhöht. Deswegen bedeutet die Prävention der Fettleber auch gleichzeitig Prävention von Adipositas und Diabetes mellitus, um diesen wechselseitigen Einfluss zu durchbrechen.
„Viele Menschen mit Adipositas haben gleichzeitig eine Fettleber“, erklärt Christel Moll, Vorsitzende des Adipositas Verband Deutschland e.V. „Diese wird jedoch häufig nicht diagnostiziert. Wegen ihres Aussehens erfahren Patienten immer wieder Stigmatisierung und schämen sich. Sie trauen sich in der Praxis dann oft nicht, ihre Ärztinnen oder Ärzte auch um einen Ultraschall der Leber zu bitten. Das Stigma von Adipositas und Lebererkrankungen als „selbstverschuldete“ Krankheiten muss bekämpft und das Selbstvertrauen der Betroffenen gestärkt werden. Dies würde auch dazu beitragen, dass die große Volkskrankheit Fettleber früher diagnostiziert und besser behandelt werden kann.“
„Fettleber betrifft sehr oft Menschen mit Diabetes mellitus oder Adipositas. Diese wissen oft nicht, wie wichtig ihre Leber sowohl für den Diabetes als auch für Entgiftung, Verdauung, Blutgerinnung und das Immunsystem ist“, warnt Dr. Klaus-Dieter Warz, Bundesvorsitzender der Deutschen Diabetes Föderation und Co-Vorsitzender der Diabetiker-Allianz und fordert Konsequenzen: „Das Disease-Management-Programm (DMP) für Diabetes mellitus sollte erweitert werden und künftig auch die Leber berücksichtigen. Wünschenswert ist ein jährliches Screening der Leber mittels Ultraschall und Leberwerten. Die Ergebnisse dieser Screenings sollten auch von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und das Robert Koch-Institut künftig verstärkt dokumentiert werden.“
Bessere Vernetzung notwendig
Zunehmend wichtig wird es daher, dass sich auch Arzt- und Patientenverbände aus diesen Fachbereichen enger miteinander austauschen. Erste Schritte wurden bereits gemacht: Im letzten Jahr veröffentlichte ein breites Bündnis aus Fachverbänden und Patientenorganisationen im Bereich Leber, Diabetes und Herzkrankheiten ein Positionspapier zu Fettlebererkrankungen. Dieses fordert ein besseres Screening, Prävention und Behandlung und breitere Aufmerksamkeit für das Thema, sowie eine Aufnahme der Erkrankung in das Präventionsgesetz.
Im März 2023 wurde von den Autoren Prof. Andreas Teufel und Kollegen ein weiteres Konsenspapier zu der Frage veröffentlicht, wie der Fettleber-Epidemie in Deutschland erfolgreich begegnet werden kann. Eine Fettleber wird häufig erstmals in hausärztlichen Praxen per Ultraschall diagnostiziert. Angesichts von schätzungsweise 18 Millionen Menschen allein in Deutschland ist es jedoch unmöglich, diese alle zur Untersuchung in hepatologische Facharztpraxen oder Leberambulanzen zu schicken. Insbesondere Hausärztinnen und Hausärzte müssen hier in ihren Handlungsmöglichkeiten gestärkt und unterstützt werden, denn diesen kommt eine wichtige Rolle zu: Zu unterscheiden, wer aufgrund seiner Fettleber eher von Komplikationen gefährdet ist und fachärztlich überwiesen werden sollte. Einen ersten Anhaltspunkt können bestimmte Punktesysteme wie z.B. der NAFLD-Fibrose-Score geben: Dieser errechnet das Risiko einer schwereren Fettlebererkrankung anhand von Lebensalter, Körpergröße und Gewicht, verschiedenen Blut- und Leberwerten und der Frage nach einem bereits vorliegenden Diabetes.
Im Januar 2023 trafen zudem verschiedene Patientenverbände aus den Bereichen Adipositas, Diabetes und Hepatologie auf einem virtuellen Meeting zusammen, zu dem die Deutsche Leberhilfe e.V. eingeladen hatte. Auf dem Treffen wurde erneut deutlich, wie viele Überschneidungen es zwischen Fettleber, Diabetes und Adipositas gibt. In den Bereichen Diabetes und Adipositas gibt es bereits Disease-Management-Programme (DMPs). Diese gehen aber noch nicht auf die Fettleber als weitere Folge oder Risikofaktor ein. Dies gemeinsam zu ändern wäre ein wichtiger Schritt.
„Eine Vernetzung der verschiedenen Verbände ist sehr wünschenswert“, erklärt Prof. Dr. med. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberhilfe e.V. „Die Überschneidungen zwischen Diabetes mellitus, Adipositas, Herzerkrankungen und Fettleber sind eine große gesundheitliche und gesellschaftliche Herausforderung, die sich mit vereinten Kräften besser meistern lässt. Künftig wollen wir den Informationsfluss zwischen unseren Verbänden stärken und uns gegenseitig in unseren Aktivitäten unterstützen.“
Weitere Informationen zum International NASH Day finden Sie auf der Webseite der Deutschen Leberhilfe e. V. unter:
https://www.leberhilfe.org/nash-day-2023/
und auf der internationalen Webseite des Global Liver Institute unter: https://www.international-nash-day.com/
Pressekontakt:
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Über das Global Liver Institute
Das Global Liver Institute ist eine 501(c)(3) steuerbefreite gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in Washington, D.C., Vereinigte Staaten. Das GLI ist die einzige gemeinnützige Organisation für Lebergesundheit, die in den USA und Europa tätig ist. Es setzt sich dafür ein, dass der Lebergesundheit der Stellenwert in der globalen öffentlichen Gesundheitsagenda eingeräumt wird, der ihrer Prävalenz und ihren Auswirkungen angemessen ist. Die Hauptaufgabe des GLI besteht darin, die Effektivität der Leber-Community zu stärken, indem es Innovation, Zusammenarbeit und die Skalierung optimaler Ansätze zur vollständigen Heilung von Lebererkrankungen fördert. Weitere Informationen zum GLI finden Sie unter www.GlobalLiver.org. Folgen Sie dem GLI auf Twitter und Facebook unter @GlobalLiver und auf Instagram unter @globalliverinstitute.
Wer ist die Deutsche Leberhilfe e.V.?
Die Deutsche Leberhilfe e.V. wurde im Jahr 1987 von engagierten Patienten gegründet. Der gemeinnützige Verein ist bundesweit tätig und hat sich als Informationsschnittstelle zwischen Ärzten und Leberpatienten etabliert. Die Leberhilfe verfolgt als Hauptziel, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, indem sie Patienten und ihre Angehörigen berät und Informationsschriften in verständlicher Sprache herausgibt. Ein weiteres Ziel des Vereins ist, die Bevölkerung über mögliche Ursachen, Verlauf, Therapie und Verhütung von Leberkrankheiten zu informieren. Langfristig soll dies dazu beitragen, Vorurteile zu entkräften und den schlechten Ruf der Lebererkrankungen als „selbstverschuldete” Krankheiten zu verbessern. Der Verein wird von einem ehrenamtlich tätigen Vorstand geleitet und hat in Köln seine Geschäftsstelle, die mit erfahrenen Mitarbeitern besetzt ist. Bei medizinischen Fragen wird die Leberhilfe von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Dieser besteht aus namhaften Fachärzten und Wissenschaftlern, die die Richtigkeit, Aktualität und Seriosität der medizinischen Informationen gewährleisten. Weitere Informationen zur Deutschen Leberhilfe e.V. finden Sie unter www.leberhilfe.org.