Die neuen Diabetestechnologien haben in den letzten 25 Jahren die Behandlung von Typ-1-Diabetes revolutioniert. Die automatisierten Insulin-Dosierungssysteme (AID) – auch hybrides Closed-Loop-System oder „künstliche Bauchspeicheldrüse“ genannt – sind ein Game-Changer in der Diabetestherapie. Doch für Kleinkinder stehen diese Systeme nur eingeschränkt zur Verfügung, da für diese Altersgruppe nur wenige Systeme zugelassen oder praktikabel sind. Doch weil gerade für die jüngsten Diabetespatientinnen und -patienten ein gutes technisch unterstütztes Therapieangebot enorm wichtig ist, fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) einen leichteren und schnelleren Zugang zu modernen Systemen. Das wird auch eines der Themen auf der 6. gemeinsamen Online-Pressekonferenz der DDG und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am Mittwoch, den 17. Juli 2024 ab 11.00 Uhr, sein.
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Die Behandlung von Typ-1-Diabetes hat in den letzten zwei Jahrzehnten bedeutende Fortschritte gemacht, insbesondere durch die Einführung von Insulinpumpen und automatisierten Insulindosierungssystemen (AID-Systeme). Mehr als 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen und etwa 40 Prozent der Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes nutzen Insulinpumpen. „Ein entscheidender Wendepunkt war 2016 die Verordnungsfähigkeit von kontinuierlichen Glukosemesssystemen (CGM-Systeme)“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Neu, Past-Präsident der DDG und Arzt für Kinder- und Jugendmedizin. „Diese Technologie hat zusammen mit den automatisierten Insulinabgabe-Systemen die Diabetestherapie grundlegend verändert.“
Die „Künstliche Bauchspeicheldrüse“ – die Zukunft der Diabetestherapie?!
Automatisierte Insulin-Dosierungssysteme (AID), auch bekannt als Hybrid-Closed-Loop (HCL) Systeme, kombinieren Insulinpumpen und kontinuierliche Glukosemessungen (CGM) zur automatischen Insulinabgabe basierend auf Echtzeit-Glukosewerten. Ein Algorithmus passt regelmäßig die Insulindosis an und kann Korrekturboli automatisiert abgeben. Das wiederum verbessert die Stoffwechseleinstellung, stabilisiert nächtliche Blutzuckerverläufe und reduziert Blutzuckerentgleisungen sowie Hypoglykämien. Sie ahmen die Funktion der Bauchspeicheldrüse sehr zuverlässig nach und erleichtern damit den Alltag der Betroffenen. Indem sie die Insulindosierung automatisch an den Kohlenhydratverbrauch und die körperlichen Aktivitäten anpassen, entlasten sie nicht zuletzt auch die Angehörigen bei der Therapieüberwachung. Durch die verbesserte Stoffwechseleinstellungen wird zudem das Risiko für sowie die Angst vor Folgeerkrankungen reduziert.
Jüngste Patienten mit größtem Bedarf noch unzureichend mit AID-Systemen versorgt
Besonders bei Kleinkindern mit Typ-1-Diabetes ist die Glukoseeinstellung häufig schwierig. Sie benötigen meist nur eine geringe Insulinmenge und ihr Ess- und Aktivitätsverhalten ist schwer vorhersehbar. Ihre Eltern sind durch die erschwerten Verhältnisse besonders belastet. Deshalb könnten AID-Systeme speziell für diese Zielgruppe sowie ihre Angehörigen von großem Nutzen sein. „Der Zugang für diese Patientengruppe zu den modernen Systemen ist uns daher ein besonderes Anliegen“, so Neu. „Aber aktuell sind nicht alle Systeme für die Jüngsten zugelassen, obwohl sie am meisten von dieser Technologie profitieren könnten.“ Eine internationale Studie bestätigt eine hohe Effektivität der Nutzung von AID-Systemen bei Vorschulkindern.(2)
Wie in allen Bereichen der Medizinprodukte und Arzneimittelentwicklung werden die Systeme oft zunächst für Erwachsene oder ältere Kinder und Jugendliche überprüft. Daher gibt es derzeit nur begrenzte Optionen für Kinder unter 7 Jahren. „Es ist daher notwendig, die Zulassungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, damit die jüngsten Patientinnen und Patienten schnellstmöglich am Fortschritt teilhaben können“, fordert Neu.
Der Schlüssel zum Erfolg: Weniger Bürokratie, mehr Interoperabilität der Systeme und Schulungen
Um die neuen Technologien für Menschen mit Diabetes besonders effektiv nutzbar zu machen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen: Diabetes-Teams müssen kontinuierlich geschult werden, um mit den sich ständig weiterentwickelnden Systemen Schritt zu halten. Zudem benötigen Betroffene umfassende Schulungen und Sprachkenntnisse, um die komplexen Technologien zu verstehen und richtig anzuwenden. „Eine gründliche Schulung und regelmäßige Auffrischungen sind entscheidend für den Therapieerfolg“, betont Neu. „Schließlich sind auch Selektivverträge und unterschiedliche Softwarelösungen der AID-Systeme problematisch. Eine Vereinfachung der bürokratischen Hürden und eine höhere Interoperabilität der Systeme wären wünschenswert, um die Versorgungssituation weiter zu verbessern.“
EINLADUNG zur gemeinsamen Online-Pressekonferenz
der Deutschen Diabetes Gesellschaft e. V. (DDG)
und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie e. V. (DGE)
Termin: Mittwoch, 17. Juli 2024, 11.00 bis 12.00 Uhr
Ihre Themen und Referierenden:
Therapie des Typ-1-Diabetes mit Pumpen und AID-Systemen – Herausforderungen für die Zukunft
Professor Dr. med. Andreas Neu
Senior Consultant an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen
Endokrine Disruptoren und das Schilddrüsenhormonsystem - Welche Aspekte sind für die Bevölkerung relevant?
Seniorprofessor Dr. rer. nat. Josef Köhrle
Institut für Experimentelle Endokrinologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin
Kardiometabolisches Risiko bei Nebennierenfunktionsstörungen
Priv.-Doz. Dr. med. Dr. jur. Birgit Harbeck
Mediensprecherin der DGE, Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie; Osteologin am amedes-Facharzt-Zentrum im Hamburger Barkhof, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Krankenhausreform: Herausforderungen für die Weiterbildung und Versorgung
Apl. Professor Dr. med. Baptist Gallwitz
Pressesprecher der DDG, Berlin
Moderation: Stephanie Balz, Pressestelle DDG/DGE