bedeutet häufig Abbruch der ärztlichen Betreuung. DDG fordert flächendeckend qualifizierte Versorgungsangebote im Umgang mit modernen AID-Technologien...

Berlin – Jedes Jahr werden etwa 2000 junge Patientinnen und Patienten mit Typ-1-Diabetes erwachsen. Damit steht auch ihr Wechsel vom kinderdiabetologischen Behandlungsteam in die Erwachsenenmedizin an. Doch zehn bis 40 Prozent der Betroffenen schaffen diesen Übergang in eine geregelte fachärztliche Betreuung, die so genannte Transition, nicht (1, 4). Fehlt ihnen jedoch die ärztliche Empfehlung und Begleitung für eventuell notwendige Therapieanpassungen, kann dies weitreichende gesundheitliche, unter Umständen lebensgefährliche Folgen mit sich bringen. Dazu gehören etwa Stoffwechselentgleisungen – und langfristig vorzeitige Erblindung, Nierenversagen oder Amputationen. Neben den seit vielen Jahren bekannten Problemen bei der Transition kommen nun neue Herausforderungen hinzu. Denn in der Kinderdiabetologie sind moderne sensorgesteuerte Insulinpumpensysteme zur Glukosekontrolle wie die so genannten AID-Systeme (Automatische InsulinDosierung) häufiger im Einsatz als in der Erwachsenenmedizin (2, 4). Eine entsprechende Expertise für Schulung und Begleitung im Umgang mit modernen Diabetestechnologien fehlt jedoch vielerorts in der Erwachsenentherapie. Auf der gemeinsamen Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am Dienstag, den 28. Juni 2022 um 11.00 Uhr zeigen Expertinnen und Experten, wie Transition gelingen kann und wo noch Handlungsbedarf besteht.

 

Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. In Deutschland sind rund 32.500 Menschen unter 18 Jahren betroffen. Insbesondere bei kleinen Kindern hat sich die Zahl der Erkrankungsfälle in den letzten Jahren verdoppelt. Jedes Jahr erkranken hierzulande mittlerweile mehr als 3.000 Minderjährige an einem Typ-1-Diabetes (1).

 

Moderne Technologien wie Insulinpumpen und Glukosesensoren sind in der Kinderdiabetologie viel weiter verbreitet als in der Erwachsenenmedizin

 

„Im Prinzip erhalten Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes die gleiche Therapie wie Erwachsene – nämlich eine Stoffwechselstabilisierung mittels Insulin, die auf Ernährung und körperliche Aktivität abgestimmt ist“, sagt Professor Dr. med. Andreas Neu, Präsident der DDG. Jedoch seien neue Technologien wie Insulinpumpen und Glukosesensoren in der Kinderdiabetologie viel weiter verbreitet als in der Erwachsenenmedizin, berichtet der Kinderdiabetologe. Er ist kommissarischer Ärztlicher Direktor der Abteilung für Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Tübingen. Mehr als 90 Prozent der Kinder unter sechs Jahren nutzen die modernen Diabetestechnologien, die auch bei älteren Kindern und Jugendlichen weit verbreitet sind, zur täglichen Stoffwechselkontrolle (2). Im Gegensatz dazu beträgt der Anteil der betroffenen Erwachsenen über 20 Jahre mit eine Insulinpumpentherapie unverändert 20 bis 30 Prozent (3).

 

Qualifizierte Behandlungseinrichtungen für die Betreuung moderner AID-Technologien fehlen in der Breite

 

Moderne AID-Systeme regulieren die Glukosemessung und Insulinabgabe teilautomatisch. Dabei ahmen sie die natürliche Funktion der Bauchspeicheldrüse nach. Das ermöglicht, täglich länger im Glukosezielbereich zu sein und das Risiko für Stoffwechselschwankungen zu verringern – insbesondere nachts. Studien zeigen demnach auch einen klaren Vorteil einer Langzeittherapie per AID-Systemen (5). Alle AID-Systeme setzen jedoch voraus, dass die Nutzenden umfassend geschult sind und in ungewöhnlichen oder kritischen Situationen richtig reagieren können. Momentan gibt es noch zu wenig qualifizierte Behandlungseinrichtungen für die Betreuung moderner AID-Technologien: „Für die jungen Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes im Transitionsprozess ist es deshalb schwierig, eine Behandlungseinrichtung in der Nähe zu finden, die mit dem Auslesen von ambulanten Glukoseprofilen und der Anpassung von AID-Systemen vertraut ist“, so Neu.

 

Mehr Eigenverantwortung bei den neuen Technologien erfordert geschulte Ansprechpartner

 

Transition ist die geplante Überführung von den kinderzentrierten in die erwachsenenorientierten Versorgungssysteme. Die jungen Patientinnen und Patienten müssen Verantwortung für die Behandlung ihrer Erkrankung übernehmen und sich die dafür notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen.

„Dieser sensible Prozess ist sehr störanfällig“, weiß Neu. „Hier verlieren wir immer noch zu viele Betroffene: Oft kommen sie erst wieder in eine diabetologische Behandlungseinrichtung, wenn sich diabetesbezogene Folgen eingestellt haben, die vermeidbar gewesen wären.“ Umso wichtiger sei es, dass der Übergang gezielt und individuell vorbereitet werde – und dass entsprechend qualifizierte Erwachseneneinrichtungen niederschwellig erreichbar sind.

 

Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG, fasst zusammen: „Eine erfolgreiche Transition und ein langes, möglichst gesundes Leben sind unsere Behandlungsziele. Die aktuelle Versorgung ist in der Summe zwar gut, in der Fläche und im Detail jedoch sehr ungleich verteilt. Angesichts des derzeit rasch zunehmenden Einsatzes hochspezialisierter Diabetestechnologien fordern wir die weitere Verbesserung der Transition in die Erwachsenendiabetologie.“ 

 

 

Gemeinsame Online-Pressekonferenz
der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)
und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
„Hormone und Zucker - wo knirscht es in der Versorgung Deutschlands?“

Termin: Dienstag, 28. Juni 2022, 11.00 bis 12.00 Uhr

 

Vorläufiges Programm mit Arbeitstiteln:

Testosteronmangel bei Adipositas und Diabetes – gibt es Handlungsbedarf?

Professor Dr. med. Stephan Petersenn

Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE), ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg

Cholesterin senken - pro und contra

Professor Dr. med. W. Alexander Mann

Ärztlicher Leiter ENDOKRINOLOGIKUM Frankfurt am Main, Zentrum für Hormon- und Stoffwechselerkrankungen, Rheumatologie, Osteologie und Neurologie

Beiratsmitglied der Sektion Diabetes, Adipositas und Stoffwechsel der DGE

Transition und kontinuierliche Versorgung in Diabetologie:

Plötzlich 18 Jahre – wie geht es weiter?

Professor Dr. med. Andreas Neu

Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Kommissarischer Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie an der Kinderklinik Tübingen, Leiter der Behandlungseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus

Unterschätzte Gefahr für die Patientenversorgung in Endokrinologie und Diabetologie: zu wenig Lehrstühle. Was laut Wissenschaftsrat jetzt getan werden muss

Professor Dr. med. univ. Michael Roden

Vorstand Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ) und Direktor der Universitätsklinik für Endokrinologie und Diabetologie in Düsseldorf

Moderation: Dr. Adelheid Liebendörfer, Pressestelle DDG/DGE

 

Zur Anmeldung

 

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